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Interessenkonflikt

Auch Wohnungsgenossenschaften sind gehalten, sich marktwirtschaftlich zu orientieren. Das ist legitim und grundsätzlich zu begrüßen. Angesichts steigender Rendite im Immobiliengeschäft scheint das auf den ersten Blick auch ein recht lukrativer Ansatz zu sein.

Auf dem Kapitalmarkt gibt es dafür spezialisierte Immobilienfonds, die sich in der Regel bei Bauträgern beteiligen. In Jena kann man Anteile bei der Invest-Genossenschaft „BürgerEnergie Jena“ erwerben, die wiederum bei den Stadtwerken Jena investiert und dadurch Gewinne erwirtschaftet. Sparer, die bei BürgerEnergie Jena ihr Geld anlegen, partizipieren u.a. auch von der Gewinnmarge von 5,5%, die Jenawohnen zu erwirtschaften und an ihre Gesellschafter abzuführen hat.

Aber Geldanlage in einer Wohnungsgenossenschaft?

Gelder von den eigenen Mitgliedern der Genossenschaft entgegenzunehmen ist ein uraltes Prinzip von Wohnungsgenossenschaften überhaupt:

Erst Sparen, dann Bauen und danach Wohnen!

Die Urväter der Genossenschaft haben dabei ganz bewusst auf Eigenleistung und Eigenfinanzierung gesetzt. So wie das viele der älteren Mitglieder von Wohngenossenschaften aus eigenem Erleben noch kennen. Fremdkredite wurden so sparsam wie nur irgend möglich eingesetzt.

Auch wenn sich Vieles verändert hat, so bleibt doch der Grundsatz erhalten: Die Mitglieder setzen ihre eigenen finanziellen Mittel ein, um Ziele der Genossenschaft besser und schneller zu erreichen. Nur die Modalitäten der finanziellen Beteiligung sind vielgestaltiger geworden:

Pfandbriefe für die Mitglieder der Genossenschaft,
Inhaberschuldverschreibungen,
Erwerb von zusätzlichen Genossenschaftsanteilen mit guter Verzinsung,
Ansparmodelle zur Altersvorsorge,
flexible Miete nach der Höhe der gezeichneten Einlagen.

Alles Finanzierungsmodelle alternativ zur Spareinrichtung, aber immer nur für Mitglieder der Genossenschaft nutzbar und ausschließlich, um deren Ziele schneller und effektiver erreichen zu können – niemals als eigenständige und davon losgelöste Renditeorientierung.

Auf der Webseite http://www.juraforum.de/lexikon/genossenschaft wird als allgemeine Rechtsauffassung zur Besonderheit einer Genossenschaft definiert:

Im Gegensatz zu einer Kapitalgesellschaft ist es für eine Genossenschaft nicht ausreichend, wenn sie auf die Auszahlung des erwirtschafteten Gewinns beschränkt ist. Zwingend erforderlich ist die Förderung der Mitglieder als Hauptzweck. Die Förderung von außenstehenden Dritten darf immer nur Nebenzweck einer Genossenschaft sein. Zu der Möglichkeit der Aufnahme als investierende Mitglieder wird hingewiesen.

Nicht Gewinnorientierung also, sondern volle Konzentration auf den Förderauftrag.

Egal, welches Finanzierungsmodell gewählt wird. Die Genossenschaft ist keine Einrichtung zur Geldanlage, braucht aber schon gelegentlich finanzielle Mittel, um sich noch effektiver auf den Förderauftrag konzentrieren zu können.

Natürlich kann es die Situation erfordern, operativ mehr Aufwand zu treiben als das die vorhandenen liquiden Mittel hergeben. Aber jeder Kapitalzufluss produziert zusätzliche Kosten und muss deshalb wohl überlegt sein.

Was das Vorstandsmitglied Herr Prof. Geyer meint, wenn er in der Ausgabe April 2012 in der Mitgliederzeitung WIR zur Zielstellung der Genossenschaft schreibt:

als einen Zusammenschluss gleichberechtigter Mitglieder, um gemeinsam „den wirtschaftlichen Nutzen der Mitglieder zu wahren und zu mehren“,

das verstehen wir auch nach längerem Nachdenken nicht.

Das Genossenschaftsgesetz jedenfalls definiert in § 1 eine Genossenschaft als den Zusammenschlusses von Mitgliedern mit einem gemeinsamen Anliegen der im Zweck der Vereinigung definiert ist, und der kann dann je nach Art der Genossenschaft recht unterschiedlich sein. Bei der Wohnungsgenossenschaften Carl Zeiss besteht dieser Zweck nach § 2 Absatz 1 der Satzung dieser Genossenschaft in der Förderung ihrer Mitglieder durch gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung.

Dreh- und Angelpunkt aller dieser Betrachtungen ist das gemeinsame Anliegen!

Bei einem Genossenschaftsmitglied mit Wohninteresse, das zusätzlich seine Ersparnisse in die Genossenschaft einbringt, ist dieses Anliegen gewahrt, bei einem Mitglied ohne Wohninteresse ist das nicht der Fall. Dort existiert nur und ausschließlich ein Renditeinteresse.

Das dürfte auch der Grund sein, warum die BaFin den Wohnungsgenossenschaften untersagt hat, die Spareinrichtung für jedermann zu öffnen.

Trotzdem hat es die Jenaer Wohnungsgenossenschaft faktisch getan und hat für ihre Spareinrichtung ca. 2.200 Mitglieder ohne Wohninteresse eingeworben. Darüber hinaus sind zu den Vertreterwahlen 2010 für diese Sparmitglieder und weitere sog. „Fördermitglieder“ ohne Wohninteresse insgesamt 26 Vertreter gewählt worden, die in den Entscheidungsgremien ihre speziellen Sparinteressen vertreten können.

Warum dann nicht gleich den Banken Mitbestimmungsrechte einräumen?

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