Wie funktioniert der Markt?

Eine Übersicht für Thüringen und ausgewählte Städte enthält die Durchschnittswerte der Bestandsmieten als Netto-Kaltmiete und wurden den Berichten des vtw (Verband der Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft) und den Jahresgeschäftsberichten der Unternehmen entnommen. Auffällig ist: In allen Thüringer Städten werden die Durchschnittswerte von den jeweils größten kommunalen und genossenschaftlichen Immobilienunternehmen getrieben.

Dabei wurden kommunale Wohnungsunternehmen ursprünglich einmal gegründet, um eine Alternative zum privaten Wohnungsmarkt zu bieten. Ihre Tätigkeit war darauf ausgerichtet, breite Schichten der Bevölkerung mit mittlerem und niedrigerem Einkommen mit Wohnungen zu versorgen. Der erwerbswirtschaftliche Gewinn war nicht Zweck der Geschäftstätigkeit, sondern Mittel zum Zweck, um über die Selbstfinanzierung Investitionen durchführen zu können. Deshalb waren kommunale Wohnungsunternehmen ebenso wie Wohnungsgenossenschaften bis 1989 steuerlich gefördert. Mit Wirkung vom 1.1.1990 wurde diese Begünstigung aufgehoben. Einerseits wurde damit der Realität Rechnung getragen, dass immer stärker auf Gewinn orientiert wurde, andererseits hat diese Entscheidung die Umorientierung noch weiter beschleunigt.

Dabei haben kommunale Wohnungsgesellschaften gemeinsam mit Genossenschaften einen Anteil am Wohnungsbestand von ca. 50% in den Ballungsgebieten in Thüringen – eine Machtposition auch für Jena.

Übersicht zur Entwicklung der Nettokaltmiete ausgewählter Regionen in Thüringen:

Region/Unternehmen

Ø-2014

Ø-2015

Ø-2016

Ø-2017

Ø-2018

Ø-2019

vtw für Thüringen

4,71

4,78

4,85

4,93

5,01

5,08

vtw für Erfurt

4,91

5,08

5,05

5,17

5,23

5,31

KOWO Erfurt (kommunal)

4,71

4,82

4,95

5,04

5,15

5,28

WGB Einheit (Genossenschaft)

5,08

5,12

5,19

5,26

5,27

5,34

vtw für Weimar

 

5,25

 

5,55

5,61

5,71

Weimarer Wohnstätte (komm.)

4,71

4,84

5,00

5,10

5,22

 

GWG Weimar (Genossenschaft)

4,65

4,71

5,03

5,12

5,27

5,34

vtw für Jena

5,26

5,37

5,55

5,61

5,70

5,80

Jenawohnen (kommunal)

5,14

5,25

5,48

5,64

5,71

 

WG Carl Zeiss (Genossenschaft)

5,29

5,41

5,48

5,54

5,66

5,70

Sie nutzen sie nicht und haben sich stattdessen genau wie die größeren Genossenschaften komplett in den Markt der Immobilienindustrie einbinden lassen – und sie sind sogar deren Preistreiber. Der Immobilienindustrie ist es gelungen, sich mit Interessengemeinschaften, „liberalen Parteien“ und Immobilien-Verbänden ein System von Lobbyisten zu schaffen, denen die Verantwortlichen in jeder Verwaltungsebene kaum widerstehen können.

Eine wichtige Komponente ist der Mietspiegel. Dem liegt eine Gesetzgebung zugrunde, die eine ständige Steigerung der Mieten garantiert. Jede Mietsteigerung, egal ob durch Neuvermietung, soziale Zuschüsse oder periodische Anhebung erhöht das reale statistische Mietniveau und wird als Beleg verwendet, um diese Anhebung für Alle durchsetzen zu können. Die entsprechenden Bundesgesetze sind damit korrekt umgesetzt und der Mieterverein kann dem nur zähneknirschend zustimmen. Andererseits ist der Mietspiegel tatsächlich eine Begrenzung nach oben, um noch drastischere Auswüchse zu verhindern. Für den Kämmerer der Stadt Jena aber eine gesicherte Einnahme mit jährlichem Steigerungspotential, die für viele Jahre im voraus fest eingeplant ist. Das Geld fließt, ohne dass dafür Leistungen zu erbringen sind.

Zu den Regelmechanismen des Marktes gehört auch die Tatsache, dass das Produkt „Wohnung“ auf dem Wohnungsmarkt eine jährliche Wertsteigerung erfährt. Nicht durch wirklichen Wertzuwachs, sondern dadurch, dass die Wohnung als Produktionsmittel potentiell einen jährlich höheren Gewinn erwirtschaftet.

Die Geldanlage in Immobilien bringt also Gewinn entweder durch das stetige Abschöpfen der Mietgewinne oder durch die Wertsteigerung beim Verkauf einer ehemals erworbenen Immobilie.